Feinstaubsensoren für extreme Bedingungen in Geflügelställen entwickelt

Installierter Feinstaubsensor am Abluftsystem eines Geflügelstalls Foto: Kewi Services
17. Januar 2022

Innerhalb des deutsch-niederländischen INTERREG-Projekts BEL AIR, in dem Lösungen für saubere und gesunde Luft bei Geflügelmastbetrieben entwickelt werden, wurden von den elf Projektpartnern zahlreiche Probenahmen und Luft-Messungen durchgeführt. Hierbei kam auch ein angepasster und weiterentwickelter Sensor zum Einsatz, der ohne Wartungsaufwand kontinuierlich die Feinstaubkonzentration im Stall messen kann – ein wichtiger Erfolg für das deutsch-niederländische Kooperationsprojekt.

Feinstaubsensoren sind normalerweise für vergleichsweise weniger spezifische Anwendungsbereiche wie Arbeitsplätze oder Innenstädte konzipiert. Geflügelställe bilden mit ihrer extremen Staubbelastung allerdings eine besondere Herausforderung: Die Feinstaubbelastung ist dort in der Regel 10- bis 15-mal so stark wie in Büroumgebungen. Feinstaub entsteht beim Geflügel zum Beispiel durch das Futter, das Tier selbst oder seinen Mist und verbreitet sich im gesamten Stall. Dieser Effekt verstärkt sich im Laufe des Mastdurchgangs und hat seinen Höhepunkt nach etwa dessen Hälfte. Wenn die Tiere schwerer werden und sich weniger bewegen, ebbt die Staubbelastung wieder ab.

Normale Sensoren setzen sich sehr schnell mit Staub zu und ihre Messungen sind dann anschließend nicht mehr zuverlässig, da sie gar keine oder falsche Daten übermitteln. Aus diesem Grund wurde vom BEL AIR-Projektpartner Kewi Services ein Sensormodell als Basis genommen, das etwa in Silos verwendet wird, um Staubexplosionen zu verhindern. Der Sensor kommt in Form einer Sonde daher, die mit Hilfe eines magnetischen Feldes die Anzahl von Staubteilen in seinem direkten Umfeld misst. Im Projekt wurde der Sensor nun weiter validiert, entwickelt und an die extremen Bedingungen in Geflügelställen angepasst.

Gravimetrische Staubmessung zur in einem Geflügelstall vor der Einstallung neuer Tiere zur Kalibrierung des Sensors. Foto: Kewi Services

Die Sensoren können erstmals kontinuierliche Messungen durchführen, ohne zu verstopfen

Durch die besonderen Bedingungen in Geflügelställen müssen die Sensoren immer auf die jeweiligen Bedingungen angepasst werden. So benötigt jeder Sensor einen konstanten Luftstrom, in dem die Messungen vorgenommen werden. Ausgehende Emissionen können dabei direkt im fest definierten stalleigenen Lüftungssystem gemessen werden. Für Messungen der Feinstaubkonzentration innerhalb des Stalles muss mit zusätzlichen Ventilatoren gearbeitet werden, die für den entsprechenden Luftstrom sorgen. BEL AIR-Projektpartner Kewi Services hat den neuartigen Sensor während der laufenden Technologietests im Projekt ausgiebig getestet und validiert. Er kann 24 Stunden pro Tag und 365 Tage im Jahr in Betrieb sein, ohne zu verstauben und gesäubert werden zu müssen.

Zudem wurde der Sensor an das von BEL AIR-Projektpartner Whysor im Projekt entwickelte Dashboard angeschlossen, wo die gesammelten Daten mit Hilfe von KI-Algorithmen ausgewertet und grafisch aufbereitet werden. „Dies gibt den Landwirten die Möglichkeit, genauere Analysen zu Ursachen von erhöhter Feinstaubbelastung in ihren Ställen durchzuführen und direkt darauf zu reagieren“, so Kewi-Eigentümer Erwin van der Wielen. Auch ist im Dashboard eine Verknüpfung mit anderen Stallsensoren möglich. „Der Sensor kann zukünftig in den verschiedensten Umgebungen – darunter alle Arten von Tierställen – eingesetzt werden, da er unter sehr extremen Bedingungen erfolgreich getestet wurde“, ergänzt Kewi-Laborant Johan Keersemaker. An dem Modell besteht bei Tierhaltern bereits reges Interesse, sodass Vewi Techniek, ein Tochterunternehmen von Kewi Services, plant, den Sensor nach Projektende schnellstmöglich auf den Markt zu bringen.

Das BEL AIR-Projekt

Innerhalb des BEL AIR-Projekts werden seit Ende 2018 von deutschen und niederländischen Partnern verschiedene Technologien zur Reduktion von Endotoxinemissionen in und außerhalb von Geflügelställen (weiter-)entwickelt und getestet. Endotoxine (Lipopolysaccharide) entstehen beim Zerfall Gram-negativer Bakterien und werden auch im Magen-Darm-Trakt von Tieren freigesetzt und mit dem Kot ausgeschieden. Sie heften sich an Staubpartikel und können bei Menschen wie Tieren unter anderem für Atemwegserkrankungen und Einschränkungen der Lungenfunktion mitverantwortlich sein. Das Projekt zielt darauf ab, Endotoxine und Feinstaub weiter zu reduzieren, mit dem Ziel, zu einem gesünderen Lebensumfeld für Menschen und Tiere in den Ställen sowie die Anwohner beizutragen. Weitere Informationen unter www.belair-project.eu.

BEL AIR wird im Rahmen des INTERREG V A-Programms Deutschland-Nederland durchgeführt und mit Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und des niederländischen Ministerie van Economische Zaken en Klimaat, des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen und der Provinzen Gelderland, Limburg und Nordbrabant mitfinanziert. Es wird begleitet durch das Programmmanagement bei der Euregio Rhein-Waal.

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